Und im Gehirn selbst? Lässt sich da auch etwas beeinflussen?
Wir können unser Denken durchaus steuern, manchmal schon mit einfachsten Mitteln. Ein Beispiel: Befindet man sich im Stressmodus, dann sind die Muskeln angespannt, die Atmung ist flach. Wenn man nun aber bewusst tief ein- und ausatmet, dann sendet man ein reziprokes, also gegenteiliges Signal der Entspannung an das Gehirn. Das wiederum gibt dieses Signal zurück an den Körper, sodass ein sich selbst verstärkender Kreislauf entsteht – man beruhigt sich. Viele Spitzensportlerinnen und -sportler nutzen diesen Effekt. Wir können auch unser Mindset verändern, zum Beispiel indem wir Stress nicht etwa „aushalten“, sondern „staunend beobachten“. Durch die veränderte Formulierung ergibt sich eine positivere Wertung. Das kann für Entspannung sorgen.
Nehmen wir an, das hat funktioniert: Der akute Stress ist weg, aber die schlechte Nachricht bleibt – und mit ihr die negativen Gefühle.
Und damit sind wir schon beim nächsten Schritt. Haben wir die akute Stressphase überstanden, können wir uns mit den Gefühlen beschäftigen. Sie sind die Sprache des Gehirns und dienen zur Orientierung, der Bewertung der Situation und der Bereitstellung von Handlungsimpulsen. Zunächst geht es darum zu erkennen: Was fühle ich? Es gibt fünf Grundgefühle, das sind Angst, Wut, Freude, Trauer und Scham. Jedes dieser Gefühle ist in einem gesunden Maße hilfreich und nützlich – und die Kunst ist, sie für sich zu nutzen.
„Gefühle sind die Sprache des Gehirns und dienen zur Orientierung,
der Bewertung der Situation und der Bereitstellung von Handlungsimpulsen.“
Die Frage ist natürlich: Wie? Nach einem Schicksalsschlag fühlt man sich oft wie betäubt. Um überhaupt erstmal „ins Fühlen zu kommen“, gibt es kleine Hilfestellungen. Möchte ich etwa aus einer Trauerphase heraus, kann es helfen, mich erst einmal zu fragen: Wo bin ich überhaupt? In einem Haus, auf einem Sofa oder wo genau? Was sehe ich? Was rieche ich? Ich aktiviere also meine Sinne. Diese Fragen haben nichts mit meinem Problem zu tun, aber sind für das Gehirn leicht zu beantworten. Sie aktivieren andere Gehirnareale und bewirken wiederum, dass ich den Fokus ändere. Allein das kann schon viel helfen! Man könnte sagen: Wir erschließen uns dadurch neue Denkmöglichkeiten und bewegen uns in Richtung des komplexen Denkens. So einfach es klingt: Genau darum geht es.