Comedian Ulli Lissner

Kickstart durch Krömer

4. April 2025
@von Mende Marketing

Manche Menschen werden vom Rampenlicht magisch angezogen. Zu ihnen gehört Comedian Ulli Lissner. Als Kind enterte die Oldenburgerin jede Bühne, je lustiger, desto besser. Als Erwachsene misstraute sie ihrem Unterhaltungstalent zunächst. Dann aber erlebte Lissner einen Moment, der alles veränderte – und der sich als Kickstart für ihre Comedy-Karriere erweisen sollte.


Humor ist im Grunde eine einfache Angelegenheit: Story, Pointe, Lacher – so lautet die simple Versuchsanordnung für einen Witz. Doch ganz so einfach ist es nicht. Denn zum einen gibt es sehr große Unterschiede im subjektiven Humorgeschmack. Und zum anderen spielen beim „Witzerzählen“ sehr viele Feinheiten zusammen, die allesamt darüber entscheiden, ob ein Gag ankommt oder nicht.

Ulrike „Ulli“ Lissner hat sich lange Zeit nicht um dieses Prinzip geschert. Schon als Kind wurde sie – damals noch im sächsischen Colmnitz – von Bühnen und Rampenlicht magisch angezogen und stand am liebsten im Mittelpunkt. „Mein Prinzip war: Einfach mal machen und gucken, was passiert“, lacht die 37-Jährige. Sie habe bei jeder Schulaufführung mitgemacht, im Chor gesungen, Theater gespielt. Selbst das eigene Zuhause war nicht sicher vor ihrem Geltungsdrang: „Samstagsabends habe ich mit meiner Schwester Schlager-Hitparaden nachgespielt – sehr zum Leidwesen meiner Eltern.“

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Kurswechsel in der Karriere

Der unbeirrbare Glaube an sich selbst sollte in den folgenden Jahren jedoch etwas schwinden. Zum einen wurde Lissners überbordende Kreativität nicht gefördert, zum anderen zählten für sie als Jugendliche plötzlich andere Dinge. Ihr selbstbewusster Humor blieb zwar ihr Markenzeichen: „Ich nehme kein Blatt vor den Mund und hau‘ meine Sprüche raus. Das funktioniert meistens ganz gut“, wagt Lissner eine Selbsteinschätzung. Eine Bühnenkarriere war zu diesem Zeitpunkt allerdings keine Option. Stattdessen begann sie nach ihrem Studium eine humorfreie Karriere in der Betriebswirtschaft. Bei einem Oldenburger Personaldienstleister wurde sie ab 2013 zunächst Niederlassungs-, später sogar Gebietsleiterin. Trotz des beruflichen Erfolgs wuchsen jedoch Zweifel: „Es fiel mir immer schwerer, mich in das System einzupassen. Irgendwann habe ich festgestellt: Das bin ich nicht!“

Ob Zufall oder nicht: Zeitgleich hatte das einstige Bühnentalent viel Kontakt zu Menschen aus dem Kunst- und Kulturbetrieb. „Die haben mir vorgelebt, dass es auch andere Wege gibt.“ Für einen endgültigen Kurswechsel in der Karriere brauchte es aber noch mehr, nämlich einen bewussten Blick zurück. „Früher habe ich beim rbb immer die Kurt Krömer Show gesehen“, erzählt Lissner. Das Berliner Original sei damals noch wenig bekannt gewesen. „Ich war total fasziniert davon, wie dreist er auf der Bühne war und dass er ganz bewusst aneckte.“ Als sie die alten Folgen nochmals anschaute, wuchs in Lissner die entscheidende Erkenntnis: Es kommt nicht darauf an, ein geschliffenes Humorprodukt zu entwickeln. Auf der Bühne braucht es eine Persönlichkeit, die durchaus Ecken und Kanten haben darf. So wie Krömer – und wie sie selbst. „Ich hatte dadurch zum ersten Mal das Gefühl, dass ich sein darf, wie ich bin. Das hatte etwas sehr Heilsames.“ Und so wurde die „Schnodderschnauze“ aus Neukölln zu ihrem Vorbild.

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Durchstarten nach Durststrecke

Kurzerhand schrieb sie Krömer über seinen frisch eingerichteten Instagram-Kanal eine Nachricht und erhielt tatsächlich eine ausgesprochen herzliche Antwort. Spätestens jetzt war es um „Ulli“ geschehen. Die Bühne rief – und sie entschloss sich, dem Ruf zu folgen. Die ersten Gehversuche auf der „Craft Comedy“-Bühne in Bremen verliefen erfolgreich, Lissners Humor erwies sich sehr wohl als publikumstauglich. Nicht trotz seiner Eigenarten, sondern gerade wegen ihnen. Doch das zarte Pflänzchen sollte schon bald eine Durststrecke erleiden: Die Corona-Pandemie bremste Ulli Lissner jäh aus und zwang sie wie so viele Kulturschaffende zur Untätigkeit.

Doch der „Krömer-Moment“ hallte nach. Er hatte ihr so viel Überzeugung eingepflanzt, dass sie nach dem Ende der globalen Ausnahmesituation ab 2023 einen neuen Anlauf nahm – und richtig durchstartete. Unermüdlich tourte sie durch den deutschsprachigen Raum, um bei unzähligen Open-Mic-Nächten an ihren Pointen zu feilen, ihr Programm zu verfeinern, ihre Performance zu verbessern. Bis zu fünf Abende pro Woche führte sie diese Ochsentour nach Bremen, Hamburg und Hannover, aber auch nach Köln, Stuttgart oder München. Unverkennbar blieb dabei die Inspiration durch das Vorbild Krömer: „Ich bin auf der Bühne nicht die Nette. Ich teile gerne aus.“ Und das Publikum? Steckte gerne ein, sodass sich bald etwas ändern sollte. Statt sich nur für Open-Mic-Formate zu bewerben, wird „Ulli“ inzwischen auch für Auftritte angefragt. „Ich habe mir in den letzten zwei Jahren durchaus was aufgebaut“, bilanziert sie. Und das soll erst der Anfang sein, denn Lissner hat ihre Berufung gefunden: „In mir schreit alles danach, genau damit weiterzumachen.“

Damit meint sie jedoch nicht nur ihre Auftritte als Comedian, sondern auch weitere Rollen als Moderatorin und Veranstalterin. Mit „LOLdenburg“ hat Lissner in ihrer Wahlheimat ein Open-Mic-Format für den Comedy-Nachwuchs geschaffen und sorgt damit zwei Mal pro Monat für gute Laune an der Hunte. Das Format läuft so erfolgreich, dass Lissner sogar über eine Erweiterung nachdenkt. „Delmenhorst wäre ein guter Standort“, überlegt sie laut. Schließlich werde die Stadt zwischen Bremen und Oldenburg viel zu oft übersehen. Ob das Format dann LOLdenhorst heißen würde? Das steht noch nicht fest.

Glück muss man haben

Fest steht dafür etwas anderes: Ulli Lissner hat ihre Berufung gefunden. Der „Kickstart durch Krömer“ war nötig, um ihr klarzumachen, dass die Bühne ihre magische Anziehungskraft nur zwischenzeitlich verloren hatte. Sie ist weiterhin der Ort, an dem Lissner sich am wohlsten fühlt. Das Vorbild gab also den entscheidenden Impuls. Was danach geschah, hat Lissner aber sich selbst zu verdanken. Ihre unermüdlichen Touren über die Kleinkunstbühnen, das Kontakteknüpfen und Klinkenputzen haben den Weg geebnet, der in eine erfolgreiche Laufbahn münden könnte. „Dafür braucht man Talent, Fleiß und Glück“, ist sich Lissner der Herausforderung bewusst. Und die Glückskomponente sei wichtiger, als man annehme. Doch nach gerade einmal zwei Jahren überwiegt die Freude über das Erreichte: „Ich bin unglaublich dankbar, dass ich schon so weit gekommen bin.“

Mit der „LOLdenburg“-Bühne schließt sich zudem ein Kreis. Die einen können dort ihren Vorbildern nacheifern und erleben vielleicht ähnliche Aha-Momente wie einst Ulrike Lissner. Die anderen sehen vielleicht den nächsten Kurt Krömer – oder die nächste Hazel Brugger – ganz am Anfang der großen Comedy-Karriere. Eine Erfahrung aber können alle gemeinsam und gleichzeitig machen: Dass Humor im Grunde zwar eine einfache Angelegenheit ist – dass es letztlich aber auf die Feinheiten ankommt.

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