Die Kuh unter den Schweinen

26. November 2021
© M. H., Pixabay

Mit unserem Lebensstil und unserem Konsumverhalten nehmen wir unmittelbar Einfluss auf Umwelt und Klima. Ganz gleich ob bei Fragen zur Mobilität, zur Ernährung oder zu unserem Freizeitverhalten. Wir selbst haben es in der Hand, wie weitreichend und negativ die Folgen unseres Verhaltens sein können.
Doch der Gedanke, ein umweltbewusstes Leben zu führen, war nicht immer so ausgeprägt wie vielleicht heute. Blicken wir beispielsweise auf unsere Ernährung und auf die Zeiten des Wirtschaftswunders in den 50er und 60er-Jahren zurück. Kühlschrank und Tiefkühltruhe zogen zunehmend in die Haushalte ein und mit ihnen die Möglichkeit, sich ein Stück weit unabhängiger von saisonalem und regionalem Essen zu machen.

Welchen Einfluss der wachsende Wohlstand und das Konsumverhalten auf eine besondere Schweinerasse zu der Zeit hatten, untersuchte die 19-jährige Schülerin Marie Weber vom Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium in Ahlhorn. Mit ihrer Facharbeit „Bunte Bentheimer in aller Munde – Wie kann das Konsumverhalten das Aussterben einer niedersächsischen Schweinerasse beeinflussen?“ beteiligte sie sich an dem medienkundlichen Projekt „Durchblick“ von NWZ, Izop-Institut in Aachen und LzO. Das Projekt „Durchblick“ richtet sich an Schüler*innen der Oberstufe, die sich in einer Facharbeit intensiv mit regionalen Wirtschaftsthemen auseinandersetzen. Marie Weber erreichte unter 67 eingereichten Arbeiten den 1. Platz.

Marie Weber mit buntem Bentheimer Ferkel © Merle Weber

Zutaten


Zubereitung


"Nun liegt es an uns Konsumenten, wie die weitere Zukunft dieser Schweinerasse aus dem Raum Niedersachsen aussehen soll."

Marie Weber, Dietrich-Bonhoeffer Gymnasium Ahlhorn

Sie berichtet in ihrer Arbeit, dass es das Bentheimer Schwein seit Mitte des 19. Jahrhunderts gibt. Die Rasse entstand, weil sie unkompliziert auf kleinen Bauernhöfen zu halten war. Gleichwohl lieferte sie aufgrund ihres vergleichsweise hohen Fettgehaltes Fleisch von hoher Qualität. Übrigens: Das fleckige Aussehen bescherte dem Bentheimer Schwein im Volksmund auch den Beinamen „Kuh unter den Schweinen“.

Doch in den Jahren des Wirtschaftswunders und mit zunehmender Industrialisierung war plötzlich fettarmes Fleisch bei den Konsumenten gefragt. Außerdem nahmen sogenannte „Wirtschaftsrassen“ den Platz früherer, regional angepasster Rassen ein. „Wirtschaftsrassen“ deshalb, weil sie günstiger in der Zucht und im Unterhalt waren. Schon damals folgte der Markt den ganz einfachen Regeln: Auf der einen Seite gibt es die Hersteller, die für ihre Produkte und das Angebot verantwortlich sind. Auf der anderen Seite bestimmen wir Verbraucher, welche Produkte sich auf dem Markt behaupten können. Soll der Preis bei der Kaufentscheidung eine besondere Rolle spielen (und so war es damals), reagieren die Produzenten und stellen besonders günstige Produkte zur Verfügung. Es kam schließlich, wie es kommen musste: Das Bentheimer Schwein drohte langsam auszusterben.

© Iris Hamelmann, Pixabay

Inzwischen sehen die Aussichten für Regionalrassen wie dem „Bunten Bentheimer Schwein“ wieder etwas besser aus. Einem Landwirt, der an der Haltung der Rasse festhielt, aus dem namensgebenden Ort Bentheim sowie einer ökologischen Bewegung, denen eine gesunde Ernährung sowie Aspekte wie Klima- und Tierschutz zunehmend wichtiger sind, sei Dank. Mehr und mehr interessieren wir uns dafür, wie unsere Mittel zum Leben hergestellt werden.

Das belegen nicht nur zahlreiche Studien. Auch Marie Weber hat durch Interviews im Rahmen ihrer Facharbeit festgestellt, dass gesunde Ernährung mehr und mehr im Kurs steht. Die Verbraucherinnen und Verbraucher haben hohe und stetig wachsende Ansprüche an Tierwohl und an Nachhaltigkeit. Im gleichen Maße aber muss auch die Bereitschaft steigen, mehr Geld für hochwertige Lebensmittel auszugeben.

Marie Weber hat mit ihrer Arbeit ein sichtbares Signal für eine umweltbewusste Ernährung gelegt. Die Zauberworte dazu lauten: regional, saisonal und nachhaltig. Denn was wir essen und wie wir unsere Nahrung erzeugen, ist für Klima und Artenvielfalt von größter Bedeutung.