Im Gespräch mit Schauspieler und Regisseur Jan Georg Schütte

Der nächste Batman?

30. Dezember 2022

©Jan Georg Schütte

Lange zählte er zu den bestgehüteten Geheimnissen unserer Region: Schauspieler, Regisseur und Drehbuchautor Jan Georg Schütte. Jeder, der auch nur gelegentlich durchs Fernsehprogramm zappte, kannte sein charakterstarkes Gesicht. Sein Name – und sein Geburtsort Oldenburg – waren dagegen nur wenigen bekannt. Das hat sich zuletzt deutlich geändert: Mit gerade 60 ist Schütte der Mann der Stunde im deutschen Fernsehen.


Aus unserer Reihe „Das ehrliche Dutzend“

 

  1. Herr Schütte, Sie sind Schauspieler. Wie oft mussten Sie früher Ihren norddeutschen Eltern erklären, dass es sich dabei um einen seriösen Beruf handelt?

    Tatsächlich musste ich das sehr oft erklären! Ich habe gerade Briefkorrespondenz zwischen meinen Eltern und mir gefunden, in denen sie mir lange Artikel mit Gelb unterstrichenen Passagen zugeschickt haben, wie wahnsinnig unsicher und unseriös der Beruf des Schauspielers sei – und Antwortbriefe von mir über mehrere Seiten, in denen ich irgendwas von Leidenschaft geredet und meinen Eltern Ahnungslosigkeit beschieden habe. Das war ein harter Battle! Aber netterweise haben sie mich trotzdem immer mit Geld unterstützt, damit ich meinen Traum weiterleben konnte.

    „Die Diskussion mit meinen Eltern wegen meines Berufswunschs
    war ein harter Battle!“

  2. In Oldenburg sind Sie zur Schule gegangen. Wurde in den Theater-AGs der Grundstein für Ihre Karriere gelegt?

    Nein, komischerweise gar nicht. Obwohl wir am Gymnasium Eversten eine tolle Theater-AG hatten, hat mich das damals Null interessiert. Ich war derbe verklemmt in meiner Jugend, da hätte mich die Bühne brutal überfordert.
  3. Ob „Altersglühen“, „Tatortreiniger“ oder „Babylon Berlin“: Sie sind Stammgast in deutschen Wohnzimmern, feiern große Erfolge. Sind Sie mit knapp 60 gerade auf dem Höhepunkt Ihrer Karriere? Oder ist das erst der Anfang?

    Tja, ob das nun Höhepunkt oder Anfang ist, kann man schwer wissen. Auf jeden Fall bin ich sehr dankbar dafür, dass es gerade so großartig läuft.
  4. Bei „Check. Check“ standen Sie mit Klaas Heufer-Umlauf vor der Kamera. Wie kam es dazu? Gibt es im Filmbusiness etwa eine Oldenburg-Connection?

    Na klar! Es gibt geradezu Oldenburg-Kartelle. Manche munkeln, dass die ganze Bundesregierung von Oldenburger Seilschaften unterwandert ist. Ich werde mich dazu hier nicht äußern. Aber allen gemeinsam ist die tiefe leidenschaftliche Verehrung für den Oldenburger Stadt-Barden Waldemar. Vielleicht ist er sogar der Kopf des Künstlerkartells?!?

    „Manche munkeln, dass die ganze Bundesregierung
    von Seilschaften unterwandert ist!“

  5. Sie werden häufig als Charakterdarsteller bezeichnet. Was, glauben Sie, ist damit gemeint? Der Charakter Ihrer Rollen – oder Ihr eigener?

    Charakterdarsteller ist die schmeichelhafte Umschreibung für jemanden, dem man einfach die Hauptrolle nicht zutraut. Der also die schrägen Nebenrollen spielt, nach zwei oder drei Tagen einen Kopfschuss bekommt oder unsympathische Dinge tut. Glücklicherweise bin ich da gerade eine Stufe höher gekommen. Ich überlebe also in der Regel den Film, bin aber nie der mit dem Happy End. Ist aber okay für mich.
  6. Was reizt Sie eigentlich an der Schauspielerei?

    Ruhm!! Aber darauf musste ich vierzig Jahre warten. Und dann noch die Gelegenheit, sich mal schlecht benehmen zu können, ohne Rechenschaft abzulegen.
  7. Darüber hinaus führen Sie auch Regie und verfassen Drehbücher. Dabei setzen Sie bewusst auf Improvisation statt auf Skript. Lieben Sie Freiheit und Risiko?

    Tja, das mit der Freiheit ist so eine Sache. Klar liebe ich die, aber sie überfordert mich auch gerne mal im Leben. Als Künstler scheint sie mir überlebensnotwendig. Und das Risiko ist eine unangenehme Begleiterscheinung der Freiheit. Kurzum: Wenn es Freiheit ohne Risiko geben könnte, dann her damit!

    „Wenn es Freiheit ohne Risiko geben könnte, dann her damit!“

  8. Ihr Leben klingt ein wenig nach Hollywood, zumindest aber nach Babelsberg. Sie haben aber weiterhin einen Wohnsitz im Ammerland. Was ist der Vorteil gegenüber L.A. oder Berlin?

    Das Zwischenahner Meer. Der Gruß: Moin! Die schiefen Eichen. Und tatsächlich, ohne Ironie, die verdammt freundlichen Ammerländer. Ich hatte letztens Besuch aus Berlin. Der konnte sich gar nicht wieder einkriegen ob der Freundlichkeit. In Berlin hat man oft das Gefühl, man ist der natürliche Feind einer jeden Bedienung, sei es beim Bäcker oder Restaurant. Und L.A.? Kenne ich nicht. Aber da kann man, glaube ich, nicht alles mit dem Fahrrad erreichen wie in Oldenburg. Klarer Nachteil.
  9. Haben Sie in unserer Region einen absoluten Lieblingsort, von dem Sie sagen: Den gibt’s nur hier, nirgendwo sonst auf der Welt?

    Die matschigen Wiesen auf dem Wanderweg am Zwischenahner Meer kurz vor der kleinen Brücke über die Aue nach Dreibergen. Traumblick. Kormorane, Kühe und jede Menge Gänse.

    „Mein Lieblingsort? Die matschigen Wiesen auf dem Wanderweg
    am Zwischenahner Meer.“

  10. In Oldenburg fand im September das Internationale Filmfest statt. Keira Knightley oder Nicolas Cage waren bereits zu Gast. Was ist mit Jan Georg Schütte?

    Da war ich auch schon mal! Damals mit meinem Film „Die Glücklichen“. Die Erfahrung war semi-toll. Die Vorführungen waren alle fast leer, den Publikumspreis hat ein Film mit dreißig Zuschauer:innen gewonnen. Aber viel Tamtam um Westernhagen. Fand ich leider ein blasses Festival. Heute hoffentlich besser.
  11. Wenn eines Tages das Angebot käme, in einem großen Bio-Pic Horst Janssen zu spielen: Wie wäre Ihre Reaktion?

    Aber gerne doch!
  12. Und welche Rolle würden Sie am allerliebsten übernehmen? Bitte sagen Sie nicht Batman!

    Auf Batman wäre ich tatsächlich überhaupt nicht gekommen, aber wenn Sie das jetzt so vorschlagen, fällt mir gerade echt nur diese Rolle ein 😉

Hast du das Fernsehen neu erfunden?

Schauspieler und Regisseur Jan Georg Schütte setzt voll auf Improvisation. Warum er lieber nicht nach einem festen Plan arbeitet, erzählt er als Gast vom Podcast „*1786 trifft“.

Ebenfalls Thema: Wieso ein nacktes Gretchen für seinen Lebensweg entscheidend war, warum ein Regisseur vor allem Entfesselungskünstler sein sollte und was er mit Hollywood vorhat.

Gleich reinhören in die Podcast-Folge mit Jan-Georg Schütte →

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