„Man kann nicht jedes Gebäude erhalten, aber einiges hätte man schon erhalten können.“
Horst Krogmann, Vorsitzender des Heimatvereins
Horst Krogmann, Jahrgang 1946, ist Vorsitzender des Heimatvereins. Um früher zur Schule zu kommen, ist er mit dem Zug von Langförden nach Vechta gefahren. Vom Bahnhof ging er durch die Bahnhofstraße, vorbei am Offizialat, vorbei auch an einem Kiosk, wo er sich seine Bonbons holte, bis zu seinem Ziel, dem Lehrerseminar, heute Standort der Kinderklinik. Wenn man mit Krogmann zusammen die Infotafeln betrachtet und ihn fragt, was davon geblieben ist, dann ist er eine Weile ruhig und sagt schließlich: Fast nichts. Viele Bauten, die einst das Stadtbild prägten, sind verschwunden. „Man kann nicht jedes Gebäude erhalten, aber einiges hätte man schon erhalten können.“ Auch gab es früher mehr Grün im Stadtbild, sagt Krogmann. Allein in der Bahnhofsstraße: die Allee in der Mitte – verschwunden. Oder „Caesars Pappel“, ein Riese von Baum und bis 1922 ein Wahrzeichen der Stadt – verschwunden.
Kleine Kirchstraße © Wolfgang Stelljes
Es sind vor allem die Bilder aus den 1950er Jahren, die Erinnerungen wachrufen, und das sicher nicht nur bei Horst Krogmann. Ein Foto auf einer Infotafel in der Kleinen Kirchstraße zeigt drei Jungen in kurzen Hosen, die Hosenträger auf dem Rücken über Kreuz. Im Winter gab es dazu die ‚“lange Ellie“, es schüttelt Krogmann geradezu bei dem Gedanken an das wärmende Beinkleid. Dann, zur Kommunion, bekam er seinen ersten Anzug: „Das war schon was“. Nein, dass die Zeiten damals so viel besser waren, kann man nicht sagen. Jedenfalls nicht bei dem Bild mit den drei Jungen. Der Holzbau hinter ihnen beherbergte in den ersten Jahren nach dem Krieg die sogenannte „Volksküche“, Vertriebene und Evakuierte ohne eigenen Haushalt erhielten hier günstig eine warme Mahlzeit.
Ebenfalls in der Kleinen Kirchstraße wurde eine Gruppe von Mädchen aufgenommen, die langen Haare zu einem Zopf geflochten. Sie tanzen im Kreis, „Ringelpietz mit Anfassen“, ein Brauch zu Pfingsten. Im Hintergrund sieht man die Klosterkirche, norddeutscher Barock. Der Bau der Franziskaner hat die Jahrhunderte überdauert, hier hat sich tatsächlich vergleichsweise wenig verändert, sagt Krogmann.
Die älteste Aufnahme stammt aus dem Jahre 1902. Sie entstand am Kapitelplatz. Geblieben ist nur der Name. Ein Jahr später rumpelte das erste Auto über das Kopfsteinpflaster in der Großen Straße. Auf einem Foto aus dem Jahre 1936 erkennt man einen motorisierten Bus, doch das waren seltene Ausnahmen. Noch um 1950 begegneten sich in der Großen Kirchstraße vor allem Pferdefuhrwerke. Seine Eltern, sagt Krogmann, bekamen erst später ein Auto. Die Familie machte ihre Ausflüge mit dem Zug. Krogmann erinnert sich an kleine Bahnhöfe, an denen Schaffner mit roter Kelle ihren Dienst versahen, zum Beispiel in Calveslage. Auch von diesem Bahnhof gibt es ein Foto.
Nepomukbrücke © Wolfgang Stelljes
Und so steht man vor den Tafeln, vergleicht Geschichte und Gegenwart, und beginnt zu plaudern. Guck hier, „Wietings Gaststätte“, da trafen sich die Honoratioren. Oder hier, „Hermanns Brauerei“, die lieferte die Getränke. Es waren Zeiten, in denen es weder Fernseher noch Telefon gab, jedenfalls für die meisten nicht, der Anschluss mit der Nummer eins stand in der Brauerei. Und das Wort „Internet“ kannte auch noch keiner. Ja doch, früher war vieles anders. Ob es besser war, liegt am Ende auch im Auge des Betrachters.
Ein Beitrag in Zusammenarbeit mit dem Verbund Oldenburger Münsterland. Autor: Wolfgang Stelljes. Vielen Dank. 🙂
Die LzO hat sich gefreut, mit den Infotafeln der Initiative Vechta diese Zeitreise mit ermöglichen zu können. Die Förderung von Projekten wie diesen liegt uns am Herzen und macht uns Freude. Auch das verstehen wir unter Nähe, die die Region voranbringt. lzo.com/foerderer (hier klicken)
Die Routenbeschreibung für die fotografische Zeitreise „Vechta gestern und heute“ finden Sie im beigefügten Flyer (sh. PDF Druckversion). 16 Tafeln befinden sich in der Innenstadt, zwei weitere in Langförden.