Vergangenheit zum Anfassen

8. Oktober 2020
© Wehlburg, Museumsdorf Cloppenburg

Viel lässt sich über das Museumsdorf Cloppenburg schreiben. Zum Beispiel, dass auf dem 15 Hektar großen Gelände über 50 historische Gebäude stehen. Oder dass es das älteste wissenschaftlich geführte Freilichtmuseum Deutschlands ist und im vergangenen Jahr 280.000 Besucher kamen. Aber eigentlich bedarf es nur eines einzigen Wortes, um zu zeigen, was diesen Ort besonders auszeichnet: Nahbarkeit.

„Wir machen es den Menschen leicht, mit der Vergangenheit in Kontakt zu treten. Bei uns kann die Historie wirklich angefasst werden. Daran hat Corona nichts geändert“, betont Dr. Julia Schulte to Bühne. Seit 2018 leitet die Anthropologin die Einrichtung. Ihr erklärtes Ziel: „Die Gäste zu emotionalisieren, um ihnen dadurch Inhalte so nah wie möglich zu bringen“.

 

Rendezvous mit dem Gestern

Das fällt in der malerischen Kulisse nicht schwer. Die 52-Jährige schaut deshalb gern in der Gartenlaube des Quatmannshofes vorbei. Ein Ensemble, das 1803 in Elsten erbaut und 1935 nach Cloppenburg überführt wurde: „Hier komme ich schnell auf kreative Gedanken. Wenn dann noch Butterkuchen und Kaffee dabei sind, kann eine Auszeit gar nicht besser sein.“

Die Grünanlage ist für sie ein Symbol für das Oldenburger Münsterland. Eine Naturidylle zwischen Geest- und Moorlandschaften, die von Flüssen und Seen genauso sanft durchzogen wird wie das Museumsdorf von seinen Rundgängen. Dass man dort auf alte Haustierrassen trifft, gehört zum Gesamtkonzept. Heiraten im Herrenhaus Arkenstede sowie verschiedene Veranstaltungsformate ebenso. Bei der Aufbereitung der Historie bedient man sich der sogenannten Biografie-Geschichte: „Aus der Summe der individuellen Erzählungen ergibt sich ein aussagekräftiges Bild.“

© Michael Stephan, Museumsdorf Cloppenburg
© Michael Stephan, Museumsdorf Cloppenburg

Zutaten


Zubereitung


Zeitzeugen mit Lokalkolorit

Ein Ergebnis, das auch den Charakter der Region widerspiegelt: „Es begeistert mich immer wieder, wie gerade die Cloppenburger mit Veränderungen umgehen. Nachdem sie zuerst verhalten abwarten und viele Fragen stellen, sind sie danach sehr offen für alles Neue.“ Selbst kulinarisch. Das Lieblingsrezept der Volkskundlerin ist nämlich Steckrübeneintopf: Ein Klassiker, von dem der örtliche Kreislandfrauenverband inzwischen schwärmt: „Er schmeckt sogar mit Curry.“

Vor 20 Jahren gab es übrigens im Museumsdorf eine Ausstellung unter dem Namen „Steckrüben und Himbeereis – Zwischen Nachkriegselend und Wohlstandsglück. Die 50er Jahre im Oldenburger Land.“ Ein Schwerpunkt, der Dr. Julia Schulte to Bühne gefällt. Sie beschäftigt sich momentan intensiv mit dieser Zeit und ihren Anforderungen an Konsum, Mobilität und Freizeit: „Ansonsten verharren wir in einem Teil der Geschichte, zu dem es keine Zeitzeugen mehr gibt. Das passt nicht zu uns. Wir möchten alles lebendig präsentieren.“ Aktuell wird daher die Harpstedter Kult-Disco „Zum Sonnenstein“ rekonstruiert.