Als Frau ein Unternehmen gründen:

„Kritik? Macht mich nur stärker!“

9. Februar 2023

Existenzgründerin Sarah Raker von AllergieSicher

©AllergieSicher

Sarah Raker war gerade einmal 15 Jahre alt, als sie zu einer multiplen Allergikerin wurde, mit teils starken Symptomen wie Atemnot. Eine Herausforderung: „Meine Welt stand Kopf“, erzählt sie rückblickend. Zumal es zum damaligen Zeitpunkt noch keine Ernährungsberatung zu Allergien und Unverträglichkeiten gab. Raker musste also selbst lernen, was sie essen konnte und vor allem was nicht. Ihre intensive Beschäftigung mit dem Thema Ernährung nutzt sie heute, um die Kundschaft ihres Unternehmens „AllergieSicher“ zu beraten. Dass Sarah Raker ihr Schicksal zum Beruf gemacht hat, hat sich – trotz manch skeptischer Stimme – ausgezahlt: Die Geschäftsidee war von Beginn an ein voller Erfolg.


Frau Raker, sich selbstständig zu machen ist nicht ohne Risiko. Welche Eigenschaften braucht es nach Ihrer Erfahrung, diesen Schritt zu wagen?

Viel Mut – ich habe beispielsweise alle finanziellen Investitionen selbst getragen, abgesehen von einem kleinen Gründungszuschuss der Arbeitsagentur. Dazu kommen Selbstdisziplin und vor allem Durchsetzungsvermögen. Und natürlich die Fähigkeit, einen überzeugenden Businessplan auszuarbeiten.

 

Welche Formen der Unterstützung haben Sie dabei erhalten?

Wenn man sich zu einer Selbstständigkeit entschließt, bekommt man viele kostenlose Beratungsangebote. Ich bin damals zuallererst zur ExistenzgründungsAgentur für Frauen gegangen. Dort hatte ich mehrere Beratungstermine. Die Mitarbeiterinnen gaben mir alle nötigen Unterlagen an die Hand und berieten mich im Hinblick auf Versicherungen und Gründungszuschüsse, aber auch auf gesellschaftliche und soziale Herausforderungen.

 

„Das Team der Existenzgründungsagentur für Frauen war immer hilfsbereit und hat mich sehr zu meiner Gründung ermutigt.“

Sarah Raker, Gründerin und Geschäftsführerin von AllergieSicher

 

Ich habe mich dort stets gut aufgehoben gefühlt – das Team war immer ehrlich, zuvorkommend und hilfsbereit. Es hat mich sehr zu meiner Gründung ermutigt. Beratungsangebote gibt es aber unter anderem auch vom Landkreis und der Bundesagentur für Arbeit.

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Haben Sie noch Empfehlungen, die gerade weibliche Gründer beherzigen sollten?

In meinen Augen sind Frauen und Männer bei der Unternehmensgründung gleichberechtigt. Das erleben hoffentlich auch alle anderen Gründerinnen so. Wichtig ist grundsätzlich, sich immer gut zu vernetzen und bei Gründungswettbewerben mitzumachen, damit man im Gespräch bleibt.

 

Gleich im Gründungsjahr 2018 wurden Sie mit dem „Digital Health Heroes Award“ ausgezeichnet. Was hat diese Würdigung für Sie bedeutet – persönlich, aber auch unternehmerisch?

Der Award war ein Riesenerfolg für mich! Die Verleihung hat mich stolz gemacht und mir Sichtbarkeit und Glaubwürdigkeit verschafft. Im ersten Jahr habe ich zudem ein Sach- und Kochbuch zu unseren 14 Hauptallergenen ebenso wie zu Laktoseintoleranz und Zöliakie auf den Markt gebracht. Es wurde von mehreren Stellen wie der Ärztekammer und verschiedenen Ministerien wie dem Bundesministerium für Gesundheit mitgeehrt.

 

„Die Auszeichnung meiner Arbeit im ersten Unternehmensjahr war ein Riesenerfolg für mich.“

Wer zählt zu den Kundinnen und Kunden von AllergieSicher?

Wir beraten Privatpersonen, Gastronomie- und lebensmittelverarbeitende Betriebe sowie öffentliche Bildungseinrichtungen wie KiTas und Schulen. Jede dieser Kundengruppen hat ihr eigenes Leistungsportfolio. Privatpersonen werden beispielsweise bei Allergien in ihrer Lebensmittelauswahl und bei diversen anderen Fragen beraten. Unverträglichkeiten hingegen kann man mit einer Karenzernährung „abtrainieren“.

Bei Gastronomiebetrieben stehen wiederum das Allergen- und Zusatzstoffmanagement im Vordergrund, damit keine Probleme mit der Speisekarte in Verbindung mit der Küche entstehen. Lebensmittelverarbeitende Unternehmen werden beim Allergenmanagement im Bereich der Kennzeichnung und Produktion unterstützt ebenso wie in der Spurenkennzeichnung und Produktentwicklung. Und die letzte Kundengruppe – die öffentlichen Bildungseinrichtungen – sensibilisieren wir für das Verhalten und die Mahlzeitenthematik bei einem allergischen Kind, sodass es nicht von anderen Kindern ausgegrenzt wird.

Sie wollen gründen? Gute Idee!

Ob Start-up- oder Existenzgründung: Wenn Frauen gründen, tun sie das oftmals (sehr) erfolgreich. So hat eine Studie der EFA* herausgefunden, dass sich viele Gründerinnen langfristig am Markt halten und mit ihrer Umsatz- und Gewinnentwicklung zufrieden oder sogar sehr zufrieden sind.

Ein weiterer Pluspunkt: Finanzieller Erfolg macht unabhängig!

Dabei unterstützen wir Sie gerne! Informieren Sie sich gleich hier weiter →

 

*Studie der ExistenzgründungsAgentur für Frauen „Gründerinnen im Oldenburger Land: Lange erfolgreich am Markt“ (2021)

Worin liegt eine besondere Stärke von Ihnen, die Ihrer Unternehmensführung zugutekommt?

Ich sehe einen großen Vorteil darin, dass ich selbst von Allergien betroffen bin. So bringe ich natürlich ein anderes Verständnis für meine Kundinnen und Kunden mit, als jemand es könnte, der nicht darunter leidet. Ich weiß, wie es sich anfühlt, wenn etwa eine Feier ansteht und man nicht weiß, was man essen soll.

 

„Neben dem Vorteil, selbst Allergikerin zu sein, bringe ich Einfühlungsvermögen und einen hohen Anspruch für AllergieSicher mit.“

 

Das Einfühlungsvermögen hilft mir bei der Beratung, aber auch mein hoher Anspruch. Zusammen mit meiner Diszipliniertheit macht er die Professionalität meiner Arbeit aus. Immerhin müssen sich Unternehmen hinsichtlich ihrer Kennzeichnung auch rechtlich absichern.

Sie haben sämtliche Unternehmensbereiche selbst in der Hand – von der Beratung über die Buchhaltung bis zur Werbung. Wie schaffen Sie es, die Herausforderung der Unternehmensführung und des Alltags zu meistern?

Es ist grundsätzlich sehr wichtig, die Balance zwischen Arbeit und Freizeit zu halten. Aber ich sollte ehrlich sein: An manchen Tagen fällt mir das leichter als an anderen. Ich werde jedoch privat immer gut unterstützt. Beispielsweise stand meine Familie immer zu 100 Prozent hinter meiner Existenzgründung.

 

Wie begegnen die Auftraggeber:innen Ihnen als Unternehmerin?

Ich habe nicht den Eindruck, dass es eine Rolle spielt, dass ich als Frau die Geschäftsführung innehabe. Fast ausnahmslos alle Kundinnen und Kunden begegnen mir vorbehaltlos und voller Vertrauen in meine Kompetenz. Vielmehr sehen sie in mir den Vorteil, dass ich mich als Teil einer jüngeren Generation sehr genau mit der Thematik der Allergien, Unverträglichkeiten und Zusatzstoffe befasst habe. Auch die sehr gute Mundpropaganda zu meinem Unternehmen trägt zur positiven Wahrnehmung bei.

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Haben Sie auch unschöne Erfahrungen rundum Ihre Existenzgründung, aber auch rundum Ihr langfristiges Unternehmertum gemacht?

Es gibt Menschen, die Allergien und Unverträglichkeiten nicht ernst nehmen. Sie verstehen nicht, warum man etwa als Nussallergiker:in keine Nussecke isst. Und entsprechend auch nicht, warum man ein Unternehmen in dieser Marktnische gründen sollte. Aber ich denke, dass ganz unabhängig von der Ausrichtung eines Unternehmens gilt: Skepsis und Missgunst wird es immer geben. Damit sollte man bei einer Existenzgründung leider rechnen.

 

„Bei der Existenzgründung sollte man sich auf Skepsis und Missgunst einstellen.“

 

Ich kann für mich persönlich sagen, dass mich Kritik nur stärker macht! Wenn ich die Wertschätzung meiner Kundinnen und Kunden erlebe, bin ich einfach stolz auf mich. Und das ist mehr wert als alles andere.

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Sarah Raker

hat Ingenieurwesen in den Bereichen Wirtschaft und Chemie mit dem Schwerpunkt Ernährung und Medizin studiert. Selbst multiple Allergikerin gründete sie 2018 ihr Unternehmen „AllergieSicher“, um Privatpersonen, Gastronomie- und lebensmittelverarbeitende Betriebe sowie öffentliche Bildungseinrichtungen zu Allergien und Unverträglichkeiten zu beraten. Neben der Tätigkeit als Beraterin für Lebensmittelkunde und Lebensmittelmanagement ist die heute 31-Jährige Autorin mehrerer Bücher und lizensierte Pharmaberaterin.

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