6 Dos und Don’ts: Beziehungspflege am Arbeitsplatz


Dass ein gutes Arbeitsklima wesentlich für Produktivität und Freude am Arbeitsplatz ist, weiß Dr. Daniel Krämer schon seit langem. Er arbeitet als selbstständiger Unternehmensberater und hat schon unzähligen Teams zu einer effizienteren Zusammenarbeit verholfen. Beim Coaching greift Krämer neben dem betriebswirtschaftlichen insbesondere auf sein psychologisches Fachwissen zurück. Denn im Mittelpunkt stehen Menschen und damit ihre Beziehung zueinander. Wie sich diese gut gestalten lässt, verrät er Teammitgliedern und -leiter:innen mit sechs wertvollen Tipps.

19. Januar 2023

Wie Beziehungen am Arbeitsplatz pflegen

©Tirachard Kumtanom, Pexels
  1. Do: Je mehr „Arbeitsfreundschaften“ desto besser

    Unser Verhalten wird maximal zu einem Drittel über die Vernunft gesteuert – der Rest läuft über Emotionen ab. Wie positiv diese sind, beeinflusst wesentlich unsere Leistungsfähigkeit. „Je weniger ich mich emotional gestört fühle, desto besser läuft es im Job“, stellt Krämer fest. Der Grund: Emotionen lösen körperliche Reaktionen aus – so werden etwa bei Ärger bestimmte Stoffe im Körper freigesetzt, die die Konzentration stören und erst einmal wieder abgebaut werden müssen. Umgekehrt sind wir am leistungsfähigsten, wenn wir möglichst „störungsfrei“ arbeiten können bzw. ‚im Flow‘ sind. Deswegen gilt für Krämer: „Ein Team aus Arbeitsfreundinnen und -freunden wird deshalb immer leistungsfähiger sein als ein Team, deren Mitglieder sich nicht gut verstehen. Je mehr wir uns mit unseren Kolleginnen und Kollegen beschäftigen und lernen sie zu akzeptieren und zu mögen, desto mehr Freude werden wir bei unserer Arbeit haben.“

    „Je weniger ich mich emotional gestört fühle,
    desto besser läuft es im Job.“

  2. Do: Eine positive innere Haltung ist alles

    Laut Krämer ist der wichtigste Einflussfaktor für ein gutes Miteinander und damit für die Kultur eines Unternehmens das eigene Mindset. Oft würden wir jemandem, dessen Verhalten uns gestört hat, unterstellen, dass es seine Absicht war, uns zu ärgern. Dabei sei das selten der Fall. „Hat jemand einen Arbeitsprozess nicht eingehalten, war diese Person vielleicht einfach nur unkonzentriert oder zu bequem“, nennt der Experte als Beispiel und rät: „Wir sollten nicht zwangsweise vom Negativen ausgehen und vor allem uns selbst nicht so wichtig nehmen.“ Begegneten wir unseren Kolleginnen und Kollegen mit Aufgeschlossenheit, Vertrauen und Wertschätzung, seien Wahrnehmung und Stimmung gleich viel positiver. „Where focus goes – energy flows“, sagt Krämer dazu und erklärt: „Wenn wir uns mehr auf die positiven Aspekte von Kolleginnen und Kollegen fokussieren, dann werden wir automatisch zufriedener, weil wir unsere Umwelt positiver wahrnehmen.“
  3. Do: Pro Team individuelle Regeln zur Zusammenarbeit

    Wie zusammengearbeitet wird, sollte nach Krämers Meinung in jeder Arbeitsgruppe individuell festgelegt werden: „Jedes Team tickt anders – deswegen sollte auch für jedes Team spezifisch erarbeitet werden, was es für eine produktive Arbeitsatmosphäre benötigt.“ Was sind die gegenseitigen Erwartungen? An welchen Werten orientiert sich der Umgang miteinander? Zur Klärung dieser und weiterer Fragen empfiehlt der Fachmann zu Beginn der Zusammenarbeit in einer neuen Konstellation einen Workshop. Idealerweise wird ein Team sogar mit regelmäßigen Trainings in der Zusammenarbeit unterstützt. Sie können von einer befähigten Person innerhalb des Unternehmens gegeben werden oder auch – wie im Falle von Krämer – von externen zertifizierten Coaches.

    „Jedes Team tickt anders.“

  4. Don’t: Unklar kommunizieren

    Insbesondere für Führungskräfte gilt: Werden Ziele und Entscheidungen nicht klar und präzise kommuniziert, sind Probleme vorprogrammiert. „Die Mitarbeiter:innen eines Teams müssen jederzeit und ohne zu zögern die Ziele, Verantwortlichkeiten und Hauptaufgaben eines Projekts nennen können – auch um drei Uhr nachts“, betont Krämer. Oft seien diese Punkte nur vermeintlich mitgeteilt worden, wirklich angekommen seien sie beim Team aber nicht. Aus seiner Erfahrung weiß der Master-Coach, dass Führungskräften oftmals die Kompetenz fehle, Inhalte zielführend und nachhaltig zu vermitteln. Für ihn steht fest: „Diese Fähigkeit sollten sich Abteilungs- und Teamleiter:innen zwingend aneignen.“
  5. Don’t: Ignoranz ist keine Option

    Das Besondere am Umgang mit anderen Menschen am Arbeitsplatz ist: Selbst wenn wir sie nicht mögen, müssen wir uns mit ihnen arrangieren. „Unsere Kolleginnen und Kollegen können wir uns nicht aussuchen und ihnen nicht ausweichen“, bringt es Krämer auf den Punkt. So gesehen würden die Menschen innerhalb eines Teams oder einer Abteilung eine Schicksalsgemeinschaft bilden. Sein Plädoyer lautet ganz klar: „Hat man ein Problem mit einer Person, muss man unbedingt einen Umgang damit finden.“

    „Die Menschen im Team können wir uns nicht aussuchen.“

  6. Don’t: Keine Fehlerkultur vorleben

    Es ist eine der schwierigsten Fragen, was das eigene Verhalten gegenüber anderen Mitarbeiter:innen betrifft: Wie gehen wir damit um, wenn wir den Fehler einer Kollegin oder eines Kollegen bemerken? „Das hängt sehr davon ab, welche Fehlerkultur etabliert ist“, sagt Krämer. Dabei gebe es bessere und weniger gute Vorgehensweisen. „Je nachdem welcher Umgang mit Fehlern vorgelebt wird, werden sich die Mitarbeiter:innen verhalten und etwa Fehler erst einmal mit der Kollegin beziehungsweise dem Kollegen besprechen oder direkt mit dem Vorgesetzten.“ Krämer warnt: „Wird hier von der Führungsebene keine oder keine klare Linie vorgegeben, kann das zu großer Verunsicherung führen.“

 

Nur wenn das Verhältnis zu unseren Kolleginnen und Kollegen gut ist, können wir auch gute Arbeit leisten. Aber: Warum sind Beziehungen eigentlich so wichtig für uns? Dieser Frage sind wir in unserem Fokusthema „Warum wir Beziehungen brauchen“ nachgegangen. Gleich hier lesen!

©Dr. Daniel Krämer

Dr. Daniel Krämer

ist seit über 30 Jahren in der Unternehmensberatung tätig und hat dabei Einblicke in diverse Branchen erhalten. Der 56- jährige promovierte Chemiker, der neben seinem Hauptstudium Wirtschaftswissenschaften studiert hat, war schon früh an Business-Themen interessiert und bringt seine Expertise besonders gerne im Coaching ein.

Seine Kundinnen und Kunden wenden sich hauptsächlich aus zwei Gründen an ihn: Entweder sie verspüren einen „Schmerz“ – etwa durch einen akuten Konflikt im Team oder mangelhafte Verkaufszahlen –, oder sie haben Interesse an einer stetigen Weiterentwicklung ihrer Teams. Was ihn an seiner Arbeit reizt? „Die Menschen – ihre Situation zu verstehen und zu verbessern, steht für mich immer im Vordergrund.“ Nur so kann in seinen Augen die Zusammenarbeit gelingen und zum Erfolg eines Unternehmens beitragen.

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