Existenzgründerinnen wie Sarah Raker gibt es immer mehr im Oldenburger Land. Seit 2020 wuchs etwa im Landkreis Cloppenburg der Anteil an Frauen, die von der Wirtschaftsförderung beraten oder gefördert wurden, auf circa 25 Prozent. „Die Tendenz ist deutlich positiv. Seit Anfang des Jahres sind mehr Frauen als Männer in unseren Beratungen“, stellt Dirk Gehrmann, Leiter der Stabsstelle Wirtschaftsförderung beim Landkreis Cloppenburg, erfreut fest. Sie verfolgten dabei häufig andere Ziele: „Frauen stellen tendenziell das Thema ‚Vereinbarkeit von Familie und Beruf‘ in den Vordergrund, viel seltener die ‚Gewinnmaximierung‘“, so Gehrmann. „Sie wollen etwa zeitlich selbstbestimmt arbeiten und bei Trennungen vom Partner eigene Wege gehen.“ Bei der Entscheidung für die Selbstständigkeit seien Frauen zudem bedachter und würden im Vorfeld Beratungs- und Informationsangebote umfangreicher ausschöpfen.
„Seit Anfang des Jahres sind mehr Frauen
als Männer in unseren Beratungen.“
Dirk Gehrmann, Leiter der Stabsstelle Wirtschaftsförderung beim Landkreis Cloppenburg
Das gilt auch für Sarah Raker. Sie wandte sich zunächst an die ExistenzgründungsAgentur für Frauen in Wildeshausen. „Dort wurde ich von hilfsbereiten Mitarbeiterinnen zu Versicherungen und Gründungszuschüssen beraten“, erzählt sie. Aber auch gesellschaftliche und soziale Herausforderungen seien besprochen worden. Eine davon: Frauen wird in Bezug auf Gründungen weniger zugetraut. Anders lässt sich kaum erklären, dass das Finanzierungsvolumen bei Start-ups nach wie vor auffällig ungleich verteilt ist. So haben männliche Gründungsteams durchschnittlich fast neunmal mehr Kapital von Investorinnen und Investoren erhalten als weibliche.¹
RUND 6.500 GRÜNDUNGSINTERESSENTINNEN HAT DIE
EXISTENZGRÜNDUNGSAGENTUR FÜR FRAUEN SEIT 1998 BERATEN.²
Ein ähnliches Ungleichgewicht spürt Theaterregisseurin Mathilda Kochan in ihrem Arbeitsalltag. Mit ihrer Berufswahl gehört zu einer Minderheit: Der Bereich Theaterregie ist zu 70 Prozent männlich besetzt. „Ich nehme mich gar nicht konstant als Frau wahr – bis ich gespiegelt bekomme, dass ich eine bin“, stellt Kochan fest. Beispielsweise begrüßten sich Männer in Führungspositionen anders, kumpelhafter. Jedoch nur einander, nicht Frauen.
Von ihrer eigenen Linie lässt Kochan sich davon nicht abbringen. „Ich agiere definitiv anders als manche männliche Regiekollegen“, ist sie sich bewusst. Idealerweise solle das Geschlecht aber keine große Rolle spielen, findet sie. Das bestätigt Christian Firmbach, Generalintendant am Oldenburgischen Staatstheater: „Jeder Mensch ist anders und macht auch den Job des Regisseurs anders – egal, ob männlich oder weiblich.“ Dennoch gebe es bei der Gleichberechtigung noch etwas aufzuholen: „Frauen müssen in allem leider deutlich besser sein, um sich gegen männliche Mitbewerber durchzusetzen.“ Auch weil sie häufig eher zurückhaltend seien im Vergleich zu Männern, die deutlich selbstbewusster auftreten würden.